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29.07.2002
St. Blasii: Der schiefe Turm von Nordhausen
NORDHAUSEN.Umfangreiche Aktivitäten finden derzeit an der einsturzgefährdeten Sankt-Blasii-Kirche statt. Um herauszufinden, wie stark sich der Kirchturm geneigt hat, wurde das Vermessungsbüro Oschinski & Wilke von der Kirchengemeinde beauftragt, Beobachtungsmessungen durchzuführen. "Diese Arbeiten sind unverzichtbarer Bestandteil, um die Ursachen der Bauschäden fachgerecht zu erkennen, zu beurteilen und zu beheben", erklärte Vermessungsingenieur Wolfgang Oschinski. So sei zu klären, ob vertikale und horizontale Veränderungen am Baukörper vorliegen und welche Ausmaße sie haben.
Unter Zuhilfenahme des Leiterwagens der Nordhäuser Berufsfeuerwehr wurden in einer Höhe von zwei bis 32 Metern dauerhafte Messpunkte angebracht, die bei regelmäßiger Beobachtung Schlüsse über die Bewegungen der Kirche in horizontaler Richtung zulassen. Für die vertikale Abweichung wurden durch Kirchenpfleger Thomas Buchardt vom Kirchlichen Verwaltungsamt ebenfalls 17 neue Höhenbolzen angelegt, die fortlaufend beobachtet werden. "In Bezug auf eine Senkungsmessung von 1983 ergab sich eine mittlere Setzung von drei Millimetern innerhalb von 19 Jahren", informierte Oschinski.
Neben den laufenden Beobachtungen galt es außerdem zu klären, wie schief die beiden Türme denn eigentlich stehen. Nach aufwändigen Schieflagemessungen kamen die Experten zu folgenden Erkenntnissen: Der kleinere nördliche Turm ist 42 Meter hoch und hat eine Schieflage von 0,95 Metern in südwestlicher Richtung. Hingegen weist der größere südliche Turm mit seiner Höhe von 52,5 Metern eine mittlere Abweichung von 1,80 Metern in nordwestliche Richtung auf. Das entspricht einer Neigung von insgesamt zwei Grad.
"Interessant ist auch, dass der obere Teil dieses Turmes, auf dem das eigentliche Spitzdach, die so genannte Haube sitzt, eine noch größere Neigung von drei Grad aufweist, die aber durch die Dachspitze wieder ausgeglichen wird", sagte der Vermessungsingenieur. Nebenbei wurde festgestellt, dass die Nordhäuser Kirche nach der Längeneinheit "Sächsischer Fuß" errichtet wurde. Heutzutage gilt im Gegensatz dazu das metrische System.
Der weltberühmte "Schiefe Turm von Pisa" weist mit seinen 58 Metern Höhe eine Abweichung von sogar 4,1 Metern auf. Dagegen ist der Nordhäuser Turm zwar noch ein Waisenknabe, hat aber trotzdem eine bemerkenswerte Schieflage.
29.07.2002
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